Gedanken-Experiment „archäologischen Funden aus der Zukunft“
Seit Eröffnung des neuen Museums „Steinzeithaus“ im Albersdorfer Steinzeitpark konnten die Gäste in der neuen Dauerausstellung darüber abstimmen, wie wohl unsere heutige Zeit in ca. 1000 Jahren heißen wird.
Es gibt zu diesem ungewöhnlichen Gedanken-Experiment eine Vitrine mit „archäologischen Funden aus der Zukunft“, die unsere Gegenwart als „das pandemische Zeitalter“, „das Fossilium“, „die Ära des Massensterbens“, „das Plasticum“ oder „die Blutigen Jahrzehnte“ illustrieren. Ein Autoschlüssel als „Fund“ bzw. Symbol für fossile Kraftstoffe kennzeichnet z. B. die Bezeichnung „Fossilium“, eine Atemschutzmaske steht für einen „Fund“ aus dem pandemischen Zeitalter.
Es geht bei dieser Ausstellungsstation darum, mit diesen provokativ und bewusst etwas negativ gehaltenen Bezeichnungen zum Nachdenken über unsere Zeit und das Bild von unserer Zeit in der Zukunft anzuregen.
Dazu gibt es regelmäßig Diskussionen der Gäste an der Vitrine bei Führungen, Eintragungen im Gästebuch oder auch bei der Abstimmung, die hier möglich ist: mit einem „Stimmzettel“ (der in „Wahl-Röhren“ unter der Vitrine geworfen wird) können die Besucherinnen und Besucher des Steinzeithauses sagen, welche Bezeichnung ihnen am besten geeignet scheint.
Nun gibt es hier – nach einem guten Jahr des Betriebs des Steinzeithauses – erstmals ein klares Resultat: Die Bezeichnung „Plasticum“ führt mit leichtem Abstand zum „Fossilium“ die Abstimmung an. Die umfangreiche Nutzung von Kunststoffen und Plastik sieht somit die Mehrheit der Gäste als Zeichen für unsere Gegenwart, zumal es sich hier um Funde handelt bzw. handeln wird, die sich gut im Boden erhalten können und damit tatsächlich in 1000 Jahren noch aufzufinden sind.
Für das „Pandemische Zeitalter“ wurde am wenigsten gestimmt – vielleicht will man diese noch allen gegenwärtige Erfahrung schnell vergessen, auch für die Zukunft …
Die als „Archäologie der Zukunft“ bezeichnete Forschungsrichtung in der Archäologie ist ein junger Wissenschaftszweig, der sich (vor allem in Skandinavien und Großbritannien) anhand von theoretischen Überlegungen zur Fundüberlieferung von der Gegenwart in die Zukunft und mit praktischen Arbeiten (z. B. bei der Ausgrabung einer modernen Mülldeponie) mit einem neuen methodischen Ansatz mit der Bedeutung und Interpretation von Sachobjekten beschäftigt – wobei hier nicht zurück in die Vergangenheit geschaut wird, sondern einmal umgekehrt in die Zukunft.
Insgesamt wurden bisher im Steinzeithaus über 3500 Stimmen ausgewertet. Die Abstimmung wird aber auch noch in der kommenden Zeit im „Steinzeithaus“ weitergeführt.
Herzlich willkommen im Steinzeithaus, in der „Archäologie der Zukunft“!